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Menschen
Veröffentlicht am 09.12.2021
von Bad Reichenhall

Der Dirigent und der Läufer 

Gipfeltreffen am Predigtstuhl

 

 

 „Man springt und schaut, ob die Flügel tragen“

Gipfelkonferenz mit Maestro und Mountaineer: Dirigent Daniel Spaw (35) und Trailrunner Philipp Reiter (30) leben in der Alpenstadt Bad Reichenhall, die ebenso für Bergsport wie für Kultur steht. Was verbindet den Extremsportler mit dem Konzertmusiker?

FH: Welche Gemeinsamkeiten habt ihr bei eurer Tour auf den Predigtstuhl entdeckt?

Philipp Reiter: Interessant ist, dass wir trotz völlig unterschiedlicher Branchen ähnliche Erfahrungen machen. Das fängt schon bei den Vorbereitungen beziehungsweise beim Training an: Wir müssen improvisieren können, uns schnell auf neue Situationen einstellen.

Daniel Spaw: Wenn ich schlecht drauf bin, muss ich trotzdem gute Stimmung verbreiten. Wenn ich selbst unruhig bin, verliere ich die Kontrolle. Also muss ich ruhig bleiben. Aber Philipp und ich, wir sind beide Teil eines Teams, insofern geht es immer auch um die Menschen, die beim Vorbereiten helfen, nie nur um dich.

 

FH: Ihr bespielt beide als Akteure eine Bühne. Bei Daniel sind es die Konzertsäle, während Philipp auf seinem Instagram-Acount rund 75 000 Leute folgen.

PR: Die Selbstdarstellung auf Social Media ist wichtig, wenn man als Profi von seinem Sport leben will. Mittlerweile erwarten die Sponsoren, dass man dort präsent ist. Für andere kann das sogar eine Inspiration sein: Ich habe einen Follower, der war Mallorca-Tourist mit Ballermann und so. Dann hat er mich auf Instagram entdeckt und angefangen zu wandern, er geht jetzt viel in die Berge, fotografiert und hat das auch zu seinem Beruf gemacht. Das finde ich cool, wenn das, was ich selbst gern mache und poste, einen solchen Effekt auf andere haben kann.

 

FH: Daniel, welche Fähigkeiten sind für einen Dirigtenten am wichtigsten?
DS: Das Verständnis für Menschen. Gefühl für Musik und für den eigenen Körper ist auch wichtig – man muss wissen, wie man sich bewegt. Aber wenn man Menschen nicht versteht, geht gar nichts. Man muss auf sie eingehen können. Ich selbst mache ja keinen Ton. Null. Den machen all die anderen um mich herum.

FH: Und was ist die wichtigste Eigenschaft eines Extrembergsportlers?

PR: Die Ausdauer. Nicht nur bei einer einzelnen Bergtour, sondern wenn es insgesamt rauf und runter geht. Man hat ja immer wieder Höhen und Tiefen und muss einfach dranbleiben. Selbsteinschätzung ist auch wichtig und Gefahrenmanagement – dass man hinterfragt, wie weit man geht, wenn die Bedingungen oder das Wetter schlecht sind.

 

FH: Kondition und Ausdauer spielen für dich ja auch eine Rolle, Daniel ...

DS: Wir sind eines der fleißigsten Orchester Deutschlands, mit rund 300 Konzerten im Jahr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Orchester gibt, das mehr Konzerte gibt. Wir spielen fast jeden Tag und jedes Mal etwas anderes.
 

FH: Ihr habt beide schon in der Kindheit mit eurer Leidenschaft begonnen ...

DS: Ja, es gibt ein Foto von mir in Windeln auf der Klavierbank. Mit drei habe ich „Happy Birthday“ auf dem Klavier geklimpert. Danach bekam ich Unterricht.
PR: Meine Eltern haben sich viel Mühe gegeben, uns diese Draußen-Begeisterung weiterzugeben. das war cool, mit Lagerfeuern, draußen Übernachten, am Zwiesel zum Beispiel. Dazu Radeln, und Klettern. Ohne passendes Umfeld oder Eltern findet man wohl eher nicht zum Bergsport. Und es ist wichtig, dass es eine Förderung ist, keine Forderung.

 

FH: Ihr müsst beide eine Dramaturgie beachten, sogar Risiken eingehen. Kann man das vergleichen?

DS: Ja, wobei ich vor allem versuche, die Dramaturgie des Werkes rüberzubringen, aber wenn wir drei Höhepunkte haben, muss ich schauen, welcher für mich der wichtigste ist.

PR: Doch ich denk schon, ja. Man darf halt einfach nicht zu viel Gas geben (lacht).

DS: Als ich anfing, Opern zu übernehmen, ganz ohne Probe, das war Wahnsinn. Das ist, wie wenn man auf einem Gefälle steht, die andere Seite sieht und weiß, man muss gleich springen und rüberfliegen. Ein Musikabend beginnt mit dem ersten Ton und hört mit dem letzten auf. Dazwischen müssen wir schauen, ob wir fliegen oder fallen. So ein Abend fühlt sich so an: Man springt und schaut, ob die Flügel tragen.

DANIEL SPAW, US-AMERIKANISCHER CHEFDIRIGENT

Jahrgang 1985. Stammt aus Nashville/Tennessee. Klavierstudium an der Indiana University, Orchesterleitung in Köln. Kapellmeister am Landestheater Linz. Ab 2017 Kapellmeister am Theater Hof, Assistent von Sir Simon Rattle bei den Baden-Badener Osterfestspielen, 2019 Debüt mit dem Göttinger Symphonie Orchester. Seit November 2020 Generalmusikdirektor und künstlerischer Leiter der Bad Reichenhaller Philharmoniker, einem 40-köpfigen Berufsorchester mit rund 500 Stücken im Repertoire, das Musiker aus der ganzen Welt anzieht und 300 Konzerte im Jahr gibt.

PHILIPP REITER, TRAILRUNNER, SKIBERGSTEIGER UND FOTOGRAF

Jahrgang 1991. Stammt aus Bad Reichenhall. Erste Anfänge im Bergsport mit den Eltern, beginnt 2001 mit dem Skibergsteigen, ab 2006 Teilnahme an Rennen, u. a. für deutsche Meisterschaft und Weltcup; startet 2008 für den DAV bei der WM in Chambery. Nach dem Sieg des Transalpine Run 20212 (in 8 Tagen 350 km durch die Alpen) Aufnahme ins Salomon-Team. Seit Mai 2021 Markenbotschafter für Bad Reichenhall Tourismus. Studiert nach einem abgebrochenen Lehramtsstudium nun International Management. Lieblingsgipfel ist der Dötzenkopf (1001 m).

Autor: Franziska Horn

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